Anliegen des Projekts
Das Schulprojekt „Ein Mahnmal zur Erinnerung an die Juden
Judenburgs“ hatte sich zum Ziel gesetzt, zu vermitteln, dass
Geschichte nicht nur abgeschlossene Vergangenheit ist, sondern auf
vielfache Weise gegenwärtiges Denken und Handeln und damit nicht
unmaßgeblich Zukunft bestimmt. Es startete in den Schuljahren
2014/15 und 2015/16 mit Schüler/innen der sechsten und siebenten
Klassen. Im Schuljahr 2017/18 wurde es durch ein weiteres Projekt
mit einer vierten Klasse fortgeführt. Eine Errichtung ist für das
Schuljahr 2018/19 vorgesehen.
Im Mittelpunkt dieser historisch-künstlerischen
Schüler/innenarbeit stand die Auseinandersetzung mit der
mittelalterlichen und der damit eng verbundenen Namensgeschichte
Judenburgs sowie die Geschichte mit der 1938 gewaltsam
ausgelöschten neuzeitlichen Gemeinde Judenburgs, deren einstige
Existenz bis heute nirgendwo ihren Erinnerungsort in Judenburg
hat.
In ihrem Namen bewahrt die Stadt Judenburg eine Geschichte auf,
die heute weitgehend vergessen ist: Die Geschichte der einst
lebendigen jüdischen Gemeinde, die bis 1938, bis zur Vertreibung
und Auslöschung durch die Nationalsozialisten, in Judenburg
existierte. In die Geschichtsschreibung der Stadt hat dieses Thema
kaum Eingang gefunden und wenn, dann erfuhr es günstigstenfalls
eine beiläufige, zumeist aber durch jahrhundertealte antijüdische
Denktraditionen verzerrte Behandlung.
An diese vergessene, verschwiegene und gewaltsam ausgelöschte
Geschichte, besonders aber an die Judenburger Opfer des
nationalsozialistischen Rassismus sollte das vom BG/BRG Judenburg
gemeinsam mit dem Stadtmuseum Judenburg und der Zwi Perez
Chajes-Schule in Wien durchgeführte Projekt erinnern.
Denkwürdig im besten Sinn des Wortes war das Projekt in zweierlei
Hinsicht, ging es doch dabei nicht nur um die Planung und
Errichtung eines Erinnerungszeichens in Form eines Mahnmales,
sondern auch um die lebendige Begegnung der Schüler/innen mit
jüdischer Kultur und Religion. Als UNESCO-Schule lautete eines der
deklarierten Bildungsziele des Judenburger Gymnasiums, den Dialog
zwischen den Kulturen und Religionen aktiv zu pflegen und auf das
Zusammenleben in einer pluralistischen Welt vorzubereiten.
Die Bedeutung des Judenburger Mahnmales, dessen Errichtung in der
Messerschmiedgasse vorgesehen ist, liegt zum einen darin, die
Namen der jüdischen Opfer der nationalsozialistischen Diktatur ins
Gedächtnis zu rufen und dauerhaft aufzubewahren, es soll aber auch
das Judentum, das im wirtschaftlichen, sozialen und kulturellen
Leben der Stadt eine maßgebliche Rolle spielte, sichtbar machen.
Als Standort für das noch nicht errichtete Mahnmal ist eine
unbebaute Fläche in der Messerschmiedgasse, im Zentrum der Stadt,
vorgesehen. Dieser Gasse kommt ein hoher Symbolgehalt zu. Sie
verbindet die Heiligengeist-Gasse, d.h. die mittelalterliche
Judengasse, mit der Kaserngasse, in der sich das jüdische Leben
Ende des 19. und zu Beginn des 20. Jahrhunderts konzentrierte. Die
Heiligengeist-Gasse war nicht nur der Wohnort der meisten
Judenburger Jüd/innen im späten Mittelalter, hier befand sich bis
1496, bis zur Vertreibung der Jüd/innen aus Judenburg, auch das
religiöse und soziale Zentrum der jüdischen Gemeinde: die
mittelalterliche Synagoge. Als sich in der zweiten Hälfte des 19.
Jahrhunderts wieder Jüd/innen in der Stadt ansiedelten, war es vor
allem die Kaserngasse, die als bevorzugter Wohn- und
Geschäftsstandort gleichsam eine Art „jüdisches Viertel“ bildete.
Mag. Katja Heiden